Fellbacher Zeitung 18.05.1998

Intensiv setzte er sich mit den Techniken auseinander und näherte sich erst in den vergangenen sechs Jahren der Farbe, wobei ihn auch hier die pure Lust treibt: das intensive Grün der Pflanzen, das Blau des Himmels, das Ocker der Steine. Scheinbar unbeeindruckt vom Zeitgeist in harmonischer und ausgewogener Farbigkeit malt er Landschaften und Städte.

Schüßlers Malerei beinhalte einen „latenten Symbolismus", meinte der befreundete Esslinger Bildhauer Wolfgang Klein bei der Vernissage. Schüßler spiele mit Form und Inhalt, lobte der Künstlerkollege: „Bei ihm ist kein Ton zu viel oder zu wenig." Er entführe den Betrachter in eine gemalte Wirklichkeit, die zwar vom naturalistischen Stil geprägt ist, deren Ausdruck aber über die Realität hin­ausgehe und wie eine Flucht in die Vergeistigung anmute.

Beim Betrachten von Schüßlers Bildern reist man gedankenversunken an die schönsten Plätze der Welt. Doch es ist zugleich eine Reise in die Welt der Phantasie. Stets gibt das Sujet eine reale Situation wieder -„Blick ins Remstal", „Nacht über dem See" oder „Steingasse in Heidelberg" , die er vor Ort skizziert. Durch Veränderung und Verfremdung gestaltet Schüßler dann im Atelier seine Ansicht der Szenerie und stellt einen höheren Zusammenhang her. Dass triviale Alltäglichkeiten ausgeblendet bleiben, verleiht den Bildern einen Hauch von Unwirklichkeit, von Vergeistigung und Traum. Dahinter steht eine Sehnsucht nach Harmonie und tiefem Erleben, die in unserer schnelllebigen Zeit nur durch Ausklammerung bestimmter Störfaktoren, wie dem Menschen, der, so Klein, „als Suchender in frommer Ehrfurcht außerhalb steht" -möglich ist.

Heidenheimer Zeitung 03.04.2001

All diese Arbeiten stehen unter dem Thema „Wasser und Landschaft". In seinem malerischen Werk greift Michael Schüßler, der seit mehr als zwanzig Jahren bei der Landeswasserversorgung als Architekt arbeitet und sich in seiner Freizeit intensiv mit Malerei beschäftigt. Wasser tritt in seinen Bildern häufig in einen Dialog mit der Landschaft. Wasser, sei es als Meer, als Oberfläche eines Sees, als Wasserlauf oder sei es in der Form von Wolken. In seinen Arbeiten reflektiert Michael Schüßler oftmals über das Seherlebnis des Zusammenwirkens von Landschaft und Wasser, und ihre wechselseitige Ergänzung.

Die Allgewalt des Wassers wird dabei ebenso angesprochen wie seine Schönheit und Anmut, die Bewegung einer Welle genauso wie die Sanftheit und Stille eines glatten Wasserspiegels, die Stumpfheit und Kälte einer mat­ten Wasseroberfläche genauso wie das wilde Funkeln einer abendlichen Reflexion

Cannstatter Zeitung, 26.05.2010

Sichten, Ansichten, Aussichten“ nennt Michael Schüßler seine Ausstellung mit Landschaftsbildern vom Neckar, grünen Weinhängen, blauen Flussstrecken, dazu Blütenbilder, Bäume und Füße. Letztere Bilder zeigen besondere Blickwinkel. Sie sind im Krankenhaus entstanden. Der Künstler Michael Schüßler hat dabei seine eigenen künstlerischen Fuß-Spuren gesetzt. Passend nun ist das Umfeld, in dem sie zu sehen sind: das Krankenhaus Bad Cannstatt. Die Bilder sind mit prägnantem Federstrich, Pinsel mit Tinte auf Papier entstanden, laviert und teilweise mit Rötel versehen. Besonders interessant sind die Konstellationen der Füße. Die Bildtitel helfen bei der Orientierung: Im Bild Rosenblüte halten die nackten Füße eine Rose. Weitere Werke heißen Mein linker Fuß, Schieflage, Fußkreuz, links gegen den Strom oder quer. Auch die Titel wie „rechts nicht im Bild“, in dem nur noch ein kleiner Teil des Fußes zu sehen ist wie auch „aufeinander zu“ und „gemeinsam“ zeigen symbolischen Charakter. In diese Reihe gehört auch das Bild „nebeneinander“, das farblich eingeschränkt ist und einen Schwerpunkt im Hell-Dunkel-Bereich bildet…... „Mit der unzulänglichen Farbauswahl, die mir bei meinem zwangsweisen Krankenhausaufenthalt zur Verfügung stand, es waren ausschließlich Tinte und Rötelstift, versuchte ich der politischen Doppeldeutigkeit noch etwas Gewicht zu geben“, so Schüßler. Dem Künstler geht es in seiner Malerei darum, die Magie der Realität zu erfassen und diese Realität in Malerei umzusetzen, das Unsichtbare durch die Realität sichtbar zu machen.

Winnender Zeitung, 02.09.2010

Konzentration auf Landschaft - Ausstellung im Schlossklinikum

Bilder des Künstlers Michael Schüßler sind seit kurzem und noch bis zum 30. September im Klinikum Schloss Winnenden zu sehen. Titel der Ausstellung: Landschaft terra incognita. Im Mittelpunkt der 39 Arbeiten in Acryl stehen Stillleben mit vorwiegend landschaftlichem Objekt. Im Vordergrund der Bilder, die der Architekt und Maler zwischen 2005 und 2009 gemalt hat, stehen Motive, „die auf das nicht unmittelbar Sichtbare hinweisen“, so der Künstler. Die Konzentration klassischer Elemente des Stilllebens und das Fehlen von Personen in seinen Bildern sind beabsichtigt. Die Geschichte des Bildes soll nicht erzählerisch wiedergegeben werden. Es solle, so Schüßler, vielmehr die Geschichte vom Betrachter selbst erfunden werden. Michael Schüßler befasst sich bei seiner naturalistisch geprägten Malerei hauptsächlich mit den Themenbereichen Landschaft, Pflanzen und Architektur.

 

Waiblinger Kreiszeitung, 21.11.2013

Brutalstmögliche Heimatliebe

Der „drhoim-Kalender von Lenz und Schüßler (von unserem Redaktionsmitglied Jörg Nolle)

Der Texter ist eigentlich ein Rock'n'Roller, der Gitarrenmann der CS-Beat Band - Heinz Lenz. Der Maler der heimeligen Motive ist eigentlich ein Architekt, der es mit dem Rechtwinkeligen hat - Michael Schüßler. Zusammen haben sie den „drhoim"-Kalender des Lions-Club Remstal kreiert. Man kann sich köstlich drin verlieren.

Arbeitsgruppenintem läuft der Texter Heinz G. Lenz als Fachmann für das Lyrische. Gott sei Dank, ist man fast versucht zu sagen, unterläuft Lenz diese Zuschreibung. Immer wieder zu gern. Dann wird er staubtrocken, der Romantiker.

Nehmen wir das Februar-Motiv: Schüßler, der Bild-Lieferant, brachte von einem seiner Streifzüge durchs Land einen gottsallmächtigen Haufen mit an Bohnenstangen. Festgehalten auf dem Skizzenblock. Stangen ohne Zahl, aufgeworfen vom Gärtner wie zum Scheiterhaufen. Schon klar: Das real in der Landschaft vorgefundene Motiv wird nicht so mächtig gewesen sein, aber bei der Malerei darf ja auch noch die Fantasiererei dazwischenfunken.

Texter Lenz also hat sich den Schüßler-schen Haufen hergenommen und ließ dann im Kopfe dazu seine Assoziationskette laufen. Wie geschmiert, wie da der Kreislauf alles Irdischen und Himmlischen Vollendung erfährt. Und zwar in sieben Fragen. Dieses ganze quasi-religiöse Programm: Woher kommst du, wohin gehst du. Nur hat Lenz daran noch urschwäbische Fragen des Hardcore-Existenzialismus drangebäbbt. Einfach köstlich: „Wer bisch?", „Wer willsch sei?", „Wia sott's sei?", „Was isch dr Preis?" - ist ja auch nicht unwichtig für unsereins. Und dann, vor allem: „Wia hältsch des aus?"

Solche Seins-Fragen der realpraktischen Existenz lassen sich mit diesem Gang durch die Jahreszeiten mit Frischluft befächeln. Und wer einen Text anliest, etwa den vom April und vom Frühling, der geht erst mal dem „Lyriker" Lenz, der halt doch ein echter Rock'n'Roller ist, auf den Leim, um dann brutalstmöglich auf den lehmigen Boden gezogen zu werden. Den Frühling habe er geortet. Geortet? Ja. auf seinem Handy-Display krabbelten die Bienen. „Verlässliche Bestäuber - wie lange noch", kommt der Besorgte in ihm jäh zu Wort. Der um den Zustand der Natur Besorgte. Und schon haben wir zum Schluss einen Kommentar zum NSA-Skandal: „Vor blauem Himmel jedenfalls wird auch der Frühling permanent überwacht." So geht der Text. Was für eine wohltuende Desillusionierung. Auch der Frühling kann nicht mehr das sein, was er mal war. Und womöglich nie gewesen ist. So liest es sich. Derweil Schüßler mit seinem dazugesellten Obstbaumotiv noch die Sehnsucht nach dem Herzallerliebsten in der Restnatur-Landschaft bedient. Man kann diesem Duo richtig auf den Leim gehen. Ja, man kann seine Freude haben am Produkt. Wer's kauft, geht angeleitet durchs Jahr Wahrscheinlich um letzte Seins-Wahrheiten beraubt. Aber so wollen wir's: ehrlich, brutal. Jene, die in den Genuss des eingenommenen Geldes kommen, gehen womöglich leichter durchs Leben.

 

Waiblinger Kreiszeitung, 19.08.2014

Der „gefallene Würfel" über Stetten

Sommerzeit ist die Zeit der Freiluftmaler: Michael Schüßler malt vom alten Stettener Friedhof aus die Y-Burg

Dieser Tunnelblick. Überm Blätterdickicht am alten Stettener Friedhof, der aussieht wie der V-Ausschnitt eines Pullovers, geht der Blick zum Himmel. „Das ist nichts anderes als ein aufwendig gemachter Rahmen", erklärt Michael Schüßler. Über den Rebgassen lässt er die Y-Burg wie einen vom Himmel gefallenen Würfel hinklotzen. Schüßler malt: eine Liebeser-klärung an Stetten.

Sommerzeit ist die Hochzeit der Freiluftmaler, vorausgesetzt, kein Regen tropft auf die Leinwand. Der Stettener Michael Schüßler saß gestern mit Pinsel und Palette vor seiner Staffelei im alten Stettener Friedhof. Den Blick an die Y-Burg geheftet schaute er hoch zu den Wolken, die die Son­ne verdeckten und ihm das Licht stahlen. Er hätte sich mehr davon gewünscht, klagte er, damit sie seinen Farben „mehr Power geben". Dem Energiezentrum Sonne fehlte leider die Kraft, um dem flirrenden Grün seiner getupften Blätter und dem Ockerton der Y-Burg mehr Plastizität, mehr Leben einzuhauchen. „Dass die Flächen lebendiger werden, erzeuge ich durch mehr Dunkelheit mit blau-violetten Tönen", sagte Schüßler. „Und auch am Grün muss ich noch arbeiten." Ein Gutes hatte der wolkenverhangene Himmel dann doch: Bei Hitze trocknet Acryl-Farbe zu schnell aus. „Hat aber auch Vorteile gegenüber Öl, wo es unter Umständen sehr lange dauert."

Der Rahmen: Eine V-förmig sich öffnende Blätterwand

Das würfelförmige Wahrzeichen Y-Burg ist ein lokales Motiv, dem sich der Wahl-Stettener mit dem pfälzischen Zungenschlag auch schon aus anderen Blickwinkeln näherte. Vom neuen Friedhof aus etwa, wo das Panorama der alten Weinbergterrassen, auf denen der Riesling fürs Brotwasser reift, die horizontalen Linien betont. Vom Alten Friedhof aus ist es anders. Der Blick auf die Weinlage Pulvermächer setzt den starren, geometrischen Würfel der Y-Burg, die sich mit Fensteröffnungen und der Nuss-Skulptur davor detailgetreu auf dem Gemälde wiederfindet, in strengen Kontrast zu den parallel geführten, dynamisch aufsteigenden Rebreihen. Das Ganze rahmte Michael Schüßler in eine impressionistisch getupfte, V-förmig sich öffnende Blätterwand ein, die auf der Bildfläche Tiefe, fast eine Art Sog erzeugt. Dieser Vordergrund gibt Büsche an der Nordseite des Alten Friedhofs wieder. Der 64-Jährige saß gestern vor der Staffelei, setzte Tupfer auf Tupfer, mit denen er aber keinen Pointillismus nach dem Muster Seurats betreibe. „Das hier sind gemischte Farben, wobei ich von dunkel nach hell gehe, bis ich das Lichtspiel habe."

Der frühere Architekt stellte sich vor sein fast fertiges Werk, ließ den Blick schweifen hinüber zur Y-Burg. Er male realistisch, aber nicht fotorealistisch, betonte er. „Ich will kein Foto, sondern ein Bild machen. Ein Bild wird immer subjektiv sein. Da fließt mit ein, was in einem vorgeht." Auch deshalb sind die expressiven Tusche/Wasser-Skizzen, in denen Schüßler seine Eindrücke vor Ort als Material sammelt, für die spätere Ausarbeitung bestimmend.

Kunst ist bewusstes Tun. Bei Schüßler, dem der Architekturberuf stilprägend war, darf ein Gebäude wie die Y-Burg-Ruine nicht wackeln, nicht herumeiern. Er kam vom Zeichnen, ehe er zu Beginn der 90er Jahren mit Malen begann. Vielleicht ist er in den „gefallenen Würfel" auch wegen der Kanten, seiner klaren Kontur so vernarrt. Das quadratische Format des Bildes, der fast goldene Schnitt, der tunnelartige Blick durch die Blätterwand, sie alle begünstigten die „Engführung auf den gefallenen Würfel Y-Burg hin", sagt er. Und die Rebreihen, die wie grüne Kampfeinheiten den Berg hinaufstürmen, sind bewusst geometrisiert. „Die Form der Y-Burg und der Weinberge gehen eine Symbiose ein", räsoniert Schüßler. Die Linien der Weinstöcke sehe man bei härterem Licht als Streifen, ja Schraffuren noch viel deutlicher.

Mit der Y-Burg verbindet der gebürtige Neustädter (Pfalz), den es vor 37 Jahren nach Stetten verschlug, ein warmes Gefühl von Daheimsein. Sie gehöre mit dem Wein zu dem, was die Stettener zusammenklammere. „Sie ist dominant, und sie steht im Wein, das Medium, das bei uns wichtig ist." Schüßler steht auf dem Alten Friedhof und hält den Pinsel in der Hand. Ja, sagt er, mit seinem Landschaftsbild, das zu großen Teilen unterm freien Sommerhimmel entstand, wolle er seine Liebe zur Heimat ausdrücken - und diese Liebe bei anderen wecken.